Foto: Uwe Finck
Exkursionsleitung: Dr. Olaf Grohmann
Text: Jürgen Marsky
Fotos: Karin Entzeroth-Ehlers, Wilhelm Ehlers und Uwe Finck
Diese Exkursion, konzipiert als Fahrradexkursion, zeigte an vierzehn historischen und in Betrieb befindlichen Objekten die Bedeutung des Wassers als Lebensmittel, Energieträger und Transportmittel, als Element im Städtebau, der Befestigung und der Repräsentation sowie als Entsorgungsmittel auf.
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Stopp 1: Wasserkunst Herrenhausen (Foto: Uwe Finck)
Zur Versorgung der Wasserspiele des Großen Gartens wurden 1676 auf dessen Nordseite zwei Hochbehälter angelegt, die durch hölzerne und bleierne Rohrleitungen vom Küchengarten in Linden, seit 1687 auch vom Benther Berg aus mit Wasser versorgt wurden. Aus dem Jahr 1696 stammt ein Plan von Leibniz zur Errichtung eines Schöpfrades an der Leine. In den Jahren 1706–31 erfolgte die Wasserversorgung über eine von dem Ingenieur Maillet de Fourton errichtete Wasserkunst am Clevertor.
Permanente Probleme, insbesondere mit den Wasserröhren, führten schließlich 1718–20 zur Errichtung einer Wasserkunst mit fünf unterschlächtigen Wasserrädern. Um den erforderlichen Druck für den Betrieb der Großen Fontäne aufzubauen, wurde die Leine mithilfe eines Wehrs auf 3,20 m aufgestaut. Die Fontäne erreichte damit eine Höhe von 35 m. Nach dem Ersatz der Bleirohre durch gusseiserne 1856 und dem Einbau von Pumpen der Egestorffschen Maschinenfabrik wurde schließlich eine Steighöhe von 67 m erreicht.
Nach der Restaurierung 1977–79 wurde die Wasserkunst 2013–21 komplett saniert. Sie wird heute mit Elektropumpen betrieben.
Der Hafen am rechten Ufer der Leine unterhalb der Ihme-Einmündung wurde 1917 in Betrieb genommen. Er gilt als Prestigeobjekt des damaligen Stadtdirektors Tramm, einem entschiedenen Gegner der Eingemeindung Lindens.
Die Leine wurde zwischen Ihme-Mündung und Herrenhäuser Wehr begradigt und auf 70–75 m erweitert. Hierzu wurden im Ersten Weltkrieg Hunderte russischer Kriegsgefangener eingesetzt. Entlang einer 600 m langen Kaimauer und eines 250 m langen Verladebereichs konnten mit vier Vollportalkränen bis zu drei 60-t-Lastkähne entladen werden. Der Anschluss an das Eisenbahnnetz war anhand der örtlichen Gegebenheiten nicht möglich. Stattdessen war der Hafen über eine Leine-Holzbrücke an das hannoversche Straßenbahnnetz an der Glocksee angeschlossen.
Der Leinehafen diente vor allem der Versorgung der Stadt Hannover mit Massengütern wie Sand, Kohle, Zuckerrüben. Seine Bedeutung verlor er schon Mitte der 1920er Jahre; der Umschlag sank von etwa 32.000 t (1919/20) auf 730 t (1925/26). Der Betrieb wurde schon vor dem Zweiten Weltkrieg eingestellt
Südlich des Königsworther Platzes im Bereich der Fischerstraße befand sich vom 14. bis 16. Jh. an der Leine ein Güterumschlagplatz, der sog. Stapel. Das Stapelrecht erlaubte der Stadt, durchreisende Kaufleute zum Verkauf eines Teils ihrer Ware zu zwingen. Dies verteuerte ihre Waren im Interesse der städtischen Gewerbetreibenden.
Im 18. Jh. wurde dieser Umschlagplatz weiter südlich an die Ihme im Bereich der Blumenauer Straße verlegt.
Stopp 5: Ehemalige Gasanstalt (Foto: Wilhelm Ehlers)
Im Jahr 1824 erhielt die Imperial Continental Gas Association (I.C.G.A.) aus London das Privileg, Hannover mit Gaslicht, betrieben mit Leuchtgas aus der Kohlevergasung, zu versorgen. Nach schwierigen Verhandlungen erwarb sie von Johann Egestorff („Kalkjohann“) ein Gelände an der Glocksee und errichtete dort eines der ersten Gaswerke in Kontinentaleuropa, das seit dem Winter 1826/27 die Stadt Hannover belieferte. Das Privileg sah zunächst eine Laufzeit bis 1845 vor; es wurde mehrfach verlängert, da die I.C.G.A. an einer Absicherung ihrer Investitionen interessiert war.
Nachdem zunächst Deisterkohle verfeuert wurde, setzte man zur Verbesserung der Gasqualität später Ruhrkohle ein.
Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die englische Verwaltung von der Stadt Hannover übernommen. 1918 ging das Gaswerk schließlich in das Eigentum der Stadt Hannover über. 1928 wurde dann auf Ferngas aus der Steinkohleverkokung und in den 1960er Jahren auf Erdgas umgestellt.
Stopp 6: Ehemaliger Abwasserkanalauslass (Foto: Karin Entzeroth-Ehlers)
Die städtischen Abwässer (Regen-, Brauch-, Spülwasser) wurden bis ins 18. Jahrhundert oberirdisch in den sog. Kotgraben geleitet, der die Altstadt auf östlicher Seite, dem Verlauf der Stadtmauer folgend, umspannte und oberhalb des Flusswasserwerks der Klickmühle in die Leine mündete. Obwohl nicht zur Entsorgung von Fäkalien bestimmt – diese fanden als Dünger Verwendung – entwickelt er sich zu einem von Fäulnis bestimmten Problem, zumal er nur ein geringes Gefälle aufwies. Ab 1788 wurde deshalb mit dem Bau unterirdischer Kanäle begonnen (72 km im Jahr 1886), die die Abwässer an der Goethebrücke in die Leine leiteten.
1889 beschloss der Rat schließlich die Einrichtung einer Schwemmkanalisation für Schmutz-, Regenwasser und Fäkalien (Bauzeit 1890–98). Die Abwässer wurden an der Königsworther Straße gesammelt und über eine Leitung unterhalb der Herrenhäuser Wasserkunst in die Leine geleitet.
Stopp 7: Ehemaliges Pumpwerk (Foto: Karin Entzeroth-Ehlers)
Auf Veranlassung durch Herzog Johann Friedrich errichtete der Kaufmann Johann Duve 1668 zur Verbesserung der Wasserversorgung der Neustadt auf dem Neustädter Markt einen Brunnen, den Parnassbrunnen. Gespeist wurde er mit Wasser aus der Leine, später vom Lindener Küchengarten.
Um 1706 legte der Ingenieur Maillet de Fourton vor dem Clevertor (an der Andertenschen Wiese) eine Wasserkunst an, die die Adelsgärten in der Steintormasch und den Herrenhäuser Garten mit Wasser belieferte. Zusätzlich verpflichtete er sich, für 25 Jahre den Parnassbrunnen zu versorgen. Mit Ablauf des Pachtvertrages ging die Wasserkunst in städtischen Besitz über. Da diese sehr unzuverlässig arbeitete, ließ man sie bereits zwei Jahre später abbrechen.
Auch der Parnassbrunnen funktionierte nur schlecht und wurde 1802 durch einen neuen Brunnen ersetzt.
An der Leine, am heutigen Platz der Göttinger Sieben, wird im Jahr 1226 erstmals eine Wassermühle, die Klickmühle, urkundlich erwähnt. Zunächst herrschaftlich betrieben ging sie 1347 in städtisches Eigentum über. Sie wurde über die Jahrhunderte mehrfach um- bzw. neugebaut.
1442 wurde die Mühle um eine Wasserkunst erweitert, die über hölzerne Röhrenleitungen einen Brunnen auf dem Altstadtmarkt, den sog. Piepenborn, versorgte. Von dort wurde das Wasser an die Brauberechtigten der Altstadt weitergeleitet.
Mit der Leistung der Wasserkunst war man immer wieder unzufrieden, deshalb wurden im Rahmen der letzten Neugestaltung 1847–50 Pumpmaschinen der Egestorffschen Maschinenfabrik eingebaut und die hölzernen Röhren durch Eisenrohre ersetzt.
1896–98 schließlich wurde an der Stelle der Klickmühle von H. Stier eine Wasserkunst im Neorenaissance-Stil errichtet. Sie überstand die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs nahezu unbeschadet und wurde erst 1963 im Rahmen des vom Stadtrat Hillebrecht vorangetriebenen autogerechten Ausbaus Hannovers abgerissen.
An Ihme und Leine, zwischen Ricklingen und Hannover, gab es seit dem 19. Jahrhundert mehrere Flussbadeanstalten. Eine betrieb seit 1819 der Bademeister Diederich Heinrich Schrader (1801–1847).
Ihm zu Ehren – er soll 560 Menschen vor dem Ertrinken bewahrt haben – wurde an der Ecke Waterloostraße/Am Schützenplatz ein Obelisk errichtet.
Der Schnelle Graben ist eine im späten Mittelalter angelegte Verbindung zwischen der Leine und der tieferliegenden Ihme, erstmalig 1449 erwähnt.
Mittels eines Wehrs konnte, in Abhängigkeit vom Wasserstand der Leine, die Stadt vor Hochwasser geschützt und die Energie für die städtischen Wassermühlen reguliert werden. Nach zahlreichen Schäden durch Hochwasser wurde 1742-45 das heutige Wehr errichtet, dem 1968 ein zweites folgte. 1922 baute man an gleicher Stelle ein Wasserkraftwerk, dass hauptsächlich das Wasserwerk Ricklingen mit Strom versorgte.
Der steigende städtische Wasserverbrauch konnte infolge des starken Bevölkerungszuwachses in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht mehr durch die Flusswasserkunst der Klickmühle gedeckt werden. Die Stadt entschloss sich deshalb zum Bau eines Grundwasserwerks in der Ricklinger Masch.
Im Leinetal südlich von Hannover liegt eine 5–6 m mächtige Kiesschicht über wasserundurchlässigem Lehm und Ton, durch die Grundwasser strömt.
Nachdem intensive Untersuchungen zur Qualität des Wassers und zum Absenkverhalten des Wasserspiegels positive Ergebnisse lieferten, wurde am 1. Juli 1875 der Bau beschlossen.
Dazu wurde südlich der Bahnlinie Hannover-Altenbeken eine knapp 1 km lange Sammelrohrleitung aus gusseisernen Schlitzrohren verlegt, die das Wasser zum Hauptbrunnen des Wasserwerks führte. Über zwei 2,3 km lange Druckrohrleitungen wurde das Wasser zu dem Hochbehälter auf dem Lindener Berg geführt. Von dort gelangte das Wasser über ein Rohrnetz von rund 83 km in die Stadt.
Der weiterhin steigende Wasserverbrauch führte zwischen 1885 und 1890 zur Verlegung weiterer Sammelrohrleitungen nördlich der Bahnlinie Hannover-Altenbeken.
Stopp 12: Leinewehr Döhren (Foto: Karin Entzeroth-Ehlers)
Schon 1402 wird an der Döhrener Leineinsel eine Wassermühle erwähnt. Der Kaufmann Johann Duve errichtete hier nach der Erneuerung der Mühle 1667 ein Wehr. Das unter Denkmalschutz stehende Wehr sollte in den 1980er Jahren privat saniert werden. Nach dem Scheitern dieser Pläne ließ die Stadt es über die Jahre verfallen, so dass es 2005 schließlich abgerissen und durch eine einfache Betonschwelle ersetzt wurde.
Stopp 13: Wasserwerk Grasdorf (Foto: Karin Entzeroth-Ehlers)
Steigender Wasserbedarf gegen Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts hatte zur Folge, dass die beiden Wasserwerke der Stadt, das Grundwasserwerk Ricklingen und die Flusswasserkunst am Friederikenplatz, diesen Bedarf nicht mehr decken konnten.
Foto: Karin Entzeroth-Ehlers
Der Rat beschloss deshalb den Bau eines weiteren Grundwasserwerks bei Grasdorf, das 1899 in Betrieb ging. Eine Rohrleitung führte das Wasser zum Wasserwerk Ricklingen, das mehr Wasser pumpen konnte als aus dem Grundwasserkörper zufloss.
Diese Rohrleitung überquerte die Leine über eine neuartige Stampfbetonbrücke, siehe Stopp 14.
Da das Wasserwerk Grasdorf am linken Ufer der Leine gelegen war, musste die Rohrleitung zum Wasserwerk Ricklingen die Leine über eine Brücke queren.
Wegen der jährlichen Leinehochwasser sowie des Eisgangs im Winter wurde deshalb eine Zufahrtsstraße auf einem Damm angelegt, die dreibogige Brücke hatte im Mittelteil eine Spannweite von 40 m. Die Brücke wurde ohne Moniereisen in Stampfbeton errichtet. Auch die Verkleidung, die einen Naturstein imitiert, wurde aus Beton geformt.
Die Rohrleitung wurde aufgeständert als südseitiges „Geländer“ über die Brücke geführt.
Benutzte Quellen:
– Adam, Bernd: Die Herrenhäuser Wasserkünste. In: Marieanne von König [Hrs.]: Herrenhausen. Die Königlichen Gärten in Hannover, Wallstein Verlag, Göttingen, 2006.
– Grohmann, Olaf: Geschichte der Wasser- und Energieversorgung der Stadt Hannover. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Selbstverlag, Hannover 1991.
– Grohmann, Olaf: Stadtentwässerung Hannover. Die Geschichte. Hannover 2005.
– Mlynek, Klaus & Waldemar R. Röhrbein, Waldemar R. (Hrsg.): Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 2009.
– Nöldeke, Arnold: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, I. Regierungsbezirk Hannover, Heft 2 Stadt Hannover, Selbstverlag der Provinzialverwaltung, 1932.
– Schutte, Paul: Die Wasserversorgung der Stadt Hannover. Hanomag-Nachrichten, Heft 2, 3, 6, 9, 10, Jg. 1916 .