Fotos Jürgen Marsky, Text Jörg Mutterlose
Foto 1
Grabungsfeld des Fördervereins Umwelt und Naturschutz Hondelage (FUN) auf jurazeitlichen Ölschiefer (Posidonienschiefer) nordöstlich von Braunschweig. Die vor ca. 182 Mio. Jahre in einem flachen Meer abgelagerten Gesteine sind hier sehr reich an gut erhaltenen Fossilien. Derartige Vorkommen, die einmalige Einblicke in die biologische Evolution unserer Erde bieten, werden als Fossillagerstätten bezeichnet. Der Posidonienschiefer von Braunschweig ist die bedeutendste Fossillagerstätte Niedersachsens. Sie vermittelt ein eindrückliches Bild der biologischen Veränderungen in einer durch intensiven Vulkanismus > hohe CO2 Konzentrationen > hohe Temperaturen gekennzeichneten Treibhauswelt. Ein mögliches Szenario für die Zukunft unserer Erde?
Fotos 2, 3
Ausschnitt aus der Schichtenfolge des Grabungsfeldes (Bildhöhe ca. 20 cm). Typisch ist die Feinschichtung im Millimeterbereich (Lamination), die auf fehlende Entschichtung durch Organismen hinweist. Sauerstoffarmut in den tiefen Wasserschichten des ehemaligen Meeres verhinderte eine biologische Besiedlung der Bodenbereiche. Gleichzeitig ermöglichte dieses Fehlen von Sauerstoff die Erhaltung von Organismen, die im sauerstoffreichen oberen Teil der Wasserschichten lebten und herunter rieselten (Bakterien, Algen). Der organische Kohlenstoff dieser Algen und Bakterien, der wegen des fehlenden Sauerstoffs im Bodenbereich nicht zersetzt werden konnte, wurde angereichert und ist bis heute erhalten geblieben. Diese ungewöhnlichen Anreicherungen von Kohlenstoff im Posidonienschiefer (bis zu 15 Gew. % !) führten zur Bezeichnung „Ölschiefer“. Der Posidonienschiefer ist in Nord- und Zentraleuropa das wichtigste Erdölmuttergestein und liefert nach thermischer Überprägung den Treibstoff für unsere Verbrennungsmotoren.
Foto 2 stellt einen frischen Anschnitt dar. Der grusige Überzug auf Foto 3 wird durch Gipskristalle hervorgerufen, die sich auf der Fläche gebildet haben. Gips (CaSO4 x 2 H2O) kann sich aus Pyrit (FeS2), ein typisches Mineral in diesen Ölschiefern, als Zersetzungsprodukt in wenigen Monaten bilden.
Foto 3
Fotos 4, 5
Ausschnitt aus der Schichtenfolge des Grabungsfeldes (3: ca. 50 cm; 4: Bildhöhe ca. 20 cm) mit feingeschichteten Mergelsteinen und kalkhaltigen, ungeschichteten Konkretionen. Im Gegensatz zu den Mergelsteinen sind die brotlaibförmigen Konkretionen weniger stark kompaktiert worden. Die Fossilien in den Mergelsteinen sind daher flachgedrückt, die der Konkretionen dreidimensional erhalten.
Foto 5
Foto 6
Aufsicht einer Schichtfläche einer Mergelsteinlage (Bildhöhe ca. 20 cm) mit flachgedrückten Muschelschalen. Diese Muscheln kommen in bestimmten Lagen massenhaft vor. Sie wurden vermutlich durch Stürme aus ihrem ursprünglichen küstennäheren Lebensraum in das lebensfeindliche Milieu des Posidonienschiefer verfrachtet. Neben diesen Organismen ist der Ölschiefer für seine reiche und gut erhaltene Fauna an Ammoniten, Tintenfischen und Wirbeltieren (Knochenfische, Haie, Schildkröten, Ichthyosaurier) berühmt. Der Beitrag dieser Organismen zum hohen Kohlenstoffgehalt des Posidonienschiefers ist allerdings zu vernachlässigen. Der organische Kohlenstoff stammt von Bakterien und Algen (vgl. Text zu Foto 2, 3).